Das Theater an der Ruhr lädt zu einer Reihe von Veranstaltungen mit italienischem Schwerpunkt:
Dienstag, 25. April, 19.30 Uhr
Nach dem Roman „Il Sopravvissuto“ von Antonio Scurati und Texten von Platon und Cees Nooteboom
Anagoor „Socrate il Sopravvissuto“ – „Sokrates, der Überlebende“
Schule als ein Hort von Gewalt ist nicht erst seit Kurzem Gegenstand von Schlagzeilen. Die Schule ist ein emblematischer Ort, an dem das Versagen von Erziehung ungefiltert zu Tage tritt: Die Spannweite reicht vom Mobbing bis hin zu den in schrecklicher Regelmäßigkeit auftretenden Amokläufen. Einen solchen hat der Roman „Il Sopravvissuto“ von Antonio Scurati zum Gegenstand, den Anagoor als Ausgangspunkt für die Entwicklung ihres neuen Projektes nahmen. Aus der Sicht eines Geschichts- und Philosophie-Lehrers, der vor seiner Klasse steht und den Tod des Sokrates behandelt, schildert Regisseur Simone Derai die letzte Unterrichtsstunde vor dem Massaker: Ein Schüler richtet eine ganze Prüfungskommission hin und spart nur den einen, hier zentralen Lehrer aus. Die Aufführung, die Anagoor mit ihrem Protagonisten Marco Menegoni und einer Reihe Heranwachsender in den Schüler-Rollen realisiert hat, knüpft in ihrer Requiem-Form an das ungemein eindrucksvolle Projekt „L.I. – Lingua Imperii“ an, mit der die Gruppe aus Castelfranco Veneto im Vorjahr in Mülheim gastierte. Während „L.I.“ das unfassbare Phänomen des Genozids in der Menschheitsgeschichte thematisierte, steht im neuen Projekt das destruktive Potential des Individuums im Mittelpunkt. Anagoor erhielt dafür den prestigeträchtigen „Premio Rete Critica“ für die beste italienische Theaterproduktion des Jahres 2016.
Freitag, 28. April, 20.00 Uhr
Konzert der Fratelli Mancuso
Erinnern Sie sich noch an Anthony Minghellas Welterfolg „Der talentierte Mr. Ripley“? Teil des großartigen Soundtracks des Hollywood-Blockbusters mit Matt Damon, Jude Law und Gwyneth Paltrow waren Songs der CD „Bella Maria“ der Fratelli Mancuso. Der italienischstämmige Regisseur gab den beiden Brüdern Nebenrollen in seinem Film und beschrieb seine Faszination für ihre unnachahmlichen Stimmen damals so: „Alt und hart wie die sizilianische Erde und doch von den Saiten der Seele getragen, wie die alten A-Capella-Gesänge religiöser Prägung.“ Auch die italienische Kritik überschüttet mittlerweile jedes neue Album der beiden Brüder mit Lob: „Der Ausdruck ihrer Musik ist vielleicht der wahrste und lebendigste, den man unter den italienischen Liedermachern heute finden kann, individuell ausgestaltet und doch tief verwurzelt in der ganz konkreten Volkstradition Siziliens.“ Ihre von einem ganz persönlichen Stil geprägte Musik basiert auf einer mittlerweile Jahrzehnte andauernden Recherche und Rezeption der Quellen der Musik ihrer Heimat. Sie setzen die sizilianischen Musiktraditionen fort, variieren und erneuern sie und sind damit zu geradezu ikonischen Musikbotschaftern Süditaliens weltweit geworden. Nachdem das Duo bereits 2015 als Begleitung von Marco Martinellis „Wassergeräusche“ im Rahmen der Theaterlandschaft zu hören waren, sind sie – einen Tag nach ihrem Konzert – auch mit Emma Dantes gefeierter Produktion „Verso Medea“ in Mülheim zu sehen.
Samstag, 29. April, 19.30 Uhr
Emma Dante „Verso Medea“
Emma Dante, charismatische Regisseurin und Schlüsselfigur des zeitgenössischen sizilianischen und italienischen Theaters, hat sich mit „Verso Medea“ dem von Euripides dramatisiertem Mythos genähert: Was könnte heute aktueller sein als die blutige Tragödie der aus ihrer Heimat Kolchis geflüchteten Medea und ihr oft als „feministisch“ interpretierter Selbstbehauptungskampf? Sie wehrt sich gegen die Demütigungen ihres untreuen Gatten Jason, der sie mit ihren beiden Kindern sitzen lässt, um die korinthische Königstochter zu ehelichen – schließlich bringt sie die gemeinsamen Kinder um. „Medea entgegen“ oder „In Richtung Medea“ wären wohl die passenden Übersetzungen des Projekttitels. Emma Dante lässt in ihrer Aufführung keinen Zweifel daran, dass es das Feuer mediterraner Leidenschaft ist, das die betrogene Medea antreibt. Versinnbildlicht wird dieser Furor durch die Glut der sizilianischen Melodien der Fratelli Mancuso. Den Chor der Korintherinnen bilden fünf ältere Männer in Frauenkleidern gehüllt –ein sarkastisches Bild für unsere überalterten, geburtenschwachen, westeuropäischen Gesellschaften? Die Alten sind von der wilden, ob ihrer Verstandesschärfe gefürchteten Barbarin, genauso wie von ihrer Fruchtbarkeit und weiblichen Kraft fasziniert und zugleich abgestoßen. Eine Chance hat Dantes Medea nie. Die Flüchtlingstragödie trägt die Züge eines immer wiederkehrenden Rituals…
Vor den Vorstellungen wird in die Inszenierungen eingeführt, nach den Aufführungen gibt es Gespräche und Diskussionen mit den Künstlern.
Alle Vorstellungen werden in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln aufgeführt.
Weitere Infos: www.theater-an-der-ruhr.de
Telefonische Kartenbestellung unter: 0208/ 5 99 01 88