In der südlichen Toskana, der sogenannten Maremma, ungefähr 170 Kilomenter von Rom entfernt, liegt ein 500-Seelen-Dorf namens Saturnia. Spektakulärer als dieser beschauliche kleine Ort selbst sind allerdings die einen Steinwurf davon entfernten Terme di Saturnia. Dort schießt bei einer alten Mühle mitten in der Landschaft fast 40 Grad warmes Schwefelwasser aus dem Fels und ergießt sich in ein stufenartiges Gebilde aus Becken und Wasserfällen.
Der römischen Mythologie zufolge schleuderte hier Jupiter einen Blitz nach Saturn, der diesen aber verfehlte und die Erde an der Stelle traf, wo heute die Thermen von Saturnia entspringen. Heute erklärt man sich die Entstehung eher mit dem nahe gelegenen Monte Amiata: In dem Vulkankrater reichert sich in 200 Metern Tiefe Regenwasser mit Schwefel an und sprudelt bei Saturnia an die Oberfläche. Von dieser Quelle aus schlängelt sich ein Wasserlauf, der Gorello, etwa 500 Meter durch die Landschaft und endet in den Cascate, eben jenem Gefüge aus natürlichen, durch kleine Wasserfälle verbundenen Becken. Dort finden sich Sommer wie Winter sowohl Einheimische als auch Touristen zum Wellness- und Heil-Baden ein.
Dem dampfenden türkisblauen Wasser schrieben schon die Etrusker magische Kräfte zu. Im dritten Jahrhundert vor Christus begannen dann die ohnehin badefanatischen Römer die Quelle zu nutzen und errichteten an dem Wasserlauf eine Badeanstalt. Inzwischen hat man das Saturniawasser im Labor analysiert und weiß, dass es tatsächlich eine heilsame Wirkung bei Rheuma und Arthrose hat und allgemein Haut und Gelenken wohl tut. Von den römischen Bauten ist leider nichts mehr zu sehen, dafür steht am Beginn des Wasserlaufs jetzt das luxuriöse Terme di Saturnia Spa & Golf Resort, das Schwimmbad, Hotel, Golfplatz und Kurzentrum beinhaltet.
Der Zugang zu einem Großteil des Gorello inklusive den Cascate ist aber nach wie vor kostenlos. Ohnehin dürfte es vor allem deren Anblick sein, der die Badegäste anlockt. Kein Wunder, dass man im Mittelalter dort die Stelle vermutete, an der der Teufel aus der Unterwelt hervorsteigt: Dichte Nebelschwaden umgeben die bizarren Felsformationen und dem sprudelnden heißen Wasser entsteigt der für Schwefel typische faulige Geruch. Heute würde man aufgrund der in der Sonne glitzernden Wasserfälle, des zu jeder Jahreszeit angenehm warmen Wassers, dessen heilsamer und erholsamer Wirkung und dem kostenlosen Zugang zum Gorello eher das Paradies als die Hölle an dieser Stelle vermuten – bis auf den Schwefelgeruch vielleicht, an dem man sich allerdings sehr schnell gewöhnt.