Maremma: So nennt sich der südlichste und naturbelassenste Teil der Toskana. Das ehemalige Sumpfgebiet zwischen Etruskerküste und Monte Amiata hat sich zum Touristengeheimtipp als Gegensatz zur stärker frequentierten Nordtoskana (mit Florenz, Chianti & Co.) gemausert – dank urtümlicher Bergdörfer, versteckter Badebuchten und viel wilder Natur.
Der Herbst zählt zu den besten Zeiten, die Maremma zu besuchen: Die Sommerhitze macht milderen Temperaturen Platz, der Fremdenverkehr (vor allem Italiener aus dem nicht allzu weit entfernten Rom) lässt nach, und die Ferienhäuser sind deutlich günstiger. Vor allem aber wartet der Herbst in der Maremma mit vielen Events und Aktivitäten auf – und mit ein wenig Glück erwischt man bis Ende Oktober noch richtiges Badewetter.
Die Top-Aktivitäten in der Maremma im Herbst
1. In den Thermen von Saturnia baden
Egal ob es regnet oder die Sonne scheint, das Wasser der Saturnia-Thermen hat konstante 37 Grad Celsius. Hier kann man zu jeder Jahreszeit entspannt baden. Und das in einem spektakulären Setting: Bei einer alten Mühle, mitten in der Landschaft, ergießt sich das türkisfarbene Wasser in Dutzenden von Wasserfällen in Sinterbecken, die quasi natürliche Badewannen bilden. Ein weiterer Vorteil: Das Thermalwasser hat nachgewiesenermaßen heilende Eigenschaften; im nahegelegenen SPA-Hotel wird es für etliche Kuren und Therapien verwendet. Das Bad in den „Cascate del Mulino“ (den „Wasserfällen bei der Mühle“) ist übrigens kostenlos.
2. Auf den Stadtmauern von Grosseto spazieren
Die Provinz- und inoffizielle Maremma-Hauptstadt Grosseto zieht hinsichtlich kunsthistorischer Bedeutung im Vergleich mit Florenz, Pisa oder Siena zwar den Kürzeren, hat aber eine der besterhaltenen Stadtmauern der ganzen Toskana zu bieten. Von den Medici im 16. Jahrhundert zu ihrer heutigen Form ausgebaut, sind die Festungsmauern glücklicherweise fast vollständig erhalten. So umschließen sie bis heute die Altstadt von Grosseto. Auf den ehemaligen Wehrgängen kann man das Stadtzentrum komplett umrunden – und aus erhabener Perspektive betrachten.
3. Pitigliano fotografieren
Das Städtchen Pitigliano zählt ganz offiziell zu den „borghi più belli d’Italia“, also zu den schönsten Orten Italiens. Wer sich Pitigliano auf der kurvigen Landstraße nähert, versteht bereits aus der Ferne warum. Aus einem riesigen Tuffsteinsockel ragen die ockerbraunen Häuser hervor. Teilweise sind die unteren Stockwerke sogar in den Fels geschlagen, sodass der Ort mit seinem Untergrund zu verschmelzen scheint. Ein paar Fotos dieser außergewöhnlichen Skyline sind Pflicht. Am besten eignet sich dafür ein Stopp auf dem Parkplatz „Madonna delle Grazie“. Betritt man danach das historische Zentrum, erwartet einen nichts weniger als der Inbegriff von Italien-Romantik: verwinkelte Gässchen, Steinfassaden und Vespa-Roller, die über das Pflaster tuckern.
4. Wildtiere im Maremma-Naturpark beobachten
Der Parco Naturale della Maremma ist ein sich auf 10.000 Hektar erstreckender Naturpark. Er umfasst Steineichen- und Pinienwälder, mediterrane Macchia, Feuchtbiotope, einen Gebirgszug, Dünen und einen kilometerlangen Naturstrand. Ebenso beeindruckend wie die landschaftliche Vielfalt ist die Fauna: Im Maremma-Naturpark leben Füchse, Rehe, Wildschweine, Rinder und Pferde – allesamt in Freiheit, versteht sich. Durch das Naturschutzgebiet führen mehrere Wander- und Radwege. Die Sichtung von Wildtieren ist praktisch garantiert.
5. Das Schwert im Fels in der Abtei San Galgano bestaunen
Ein Schwert in einem Felsen – klingt das nicht verdächtig nach der Sage von König Artus? Tatsächlich hat die Toskana ihr eigenes „Excalibur“. Es befindet sich in der Abtei von San Galgano, auf einem Hügel in der Gemeinde Chiusdino. Der Legende nach hat es ein Rittersohn in den Stein getrieben, nachdem er seinem liederlichen und kriegerischen Leben entsagt hatte. Und so ist es dort bis heute zu bestaunen. Und gleich daneben die nächste Kuriosität: die über 70 Meter lange, gotische Kirche von San Galgano – deren Dach nach einem Blitzeinschlag komplett fehlt.
6. Zu Fuß auf die Argentario-Halbinsel laufen
Die Feniglia ist die südlichste der drei Landzungen, welche die Argentario-Halbinsel mit dem Festland verbinden. Der sieben Kilometer lange und kaum einen Kilometer breite Streifen steht unter Naturschutz und ist auf seiner gesamten Fläche von einem dichten Pinienwald bewachsen. Und mitten hindurch führt ein schnurgerader Fuß- und Radweg, der zu einem Waldspaziergang der besonderen Art einlädt – nämlich einen, bei dem man zu Fuß bis zur Argentario-Halbinsel gelangt. Das ein oder andere Reh oder Wildschwein wird einem dabei womöglich über den Weg laufen. Und wer den Wald vor lauter Pinien nicht mehr sehen kann, biegt links zum Meer ab. Der Pinienwald der Feniglia ist nämlich von einem ebenso langen Sandstrand flankiert.
7. Den Sumpf der Diaccia Botrona erkunden
Einst war die Maremma unwirtliches Sumpfland, schwer zu bewirtschaften und ständig von der Malaria heimgesucht. Nach jahrhundertelangen Versuchen ist es gelungen, die Sümpfe trocken zu legen. Bei Castiglione della Pescaia ist jedoch ein ansehnliches Stück davon erhalten geblieben, die sogenannte Diaccia Botrona. Dieser Sumpf ist der Lebensraum von etlichen Vogelarten, allen voran Flamingos, die man hier sehr gut beobachten kann. Die beste Art, die Diaccia Botrona zu erkunden, ist im Rahmen einer geführten Bootstour durch die Kanäle des Sumpfes.
8. Auf einer Sagra essen
Fährt man durch die Dörfer der Maremma, fallen vor allem im Herbst die vielen Plakate auf, die zu einer „Sagra“ einladen. Damit ist ein Dorffest der kulinarischen Art gemeint. Eine Sagra ist meist einer bestimmten lokalen und saisonalen Spezialität gewidmet. Im Herbst werden etwa gerne die „Sagra del Porcino“ (Steinpilz), die „Sagra dell’Olivo“ (Olive), die „Sagra della castagna“ (Kastanie) oder die „Sagra del Cinghiale“ (Wildschwein) gefeiert. Zu essen gibt es neben der eigentlichen Spezialität natürlich noch eine Reihe von weiteren regionaltypischen Köstlichkeiten, immer begleitet von reichlich Wein. Gespeist wird meist auf Bierbänken oder in Zelten. Kunsthandwerker, Musiker und traditionell gekleidete Fahnenwerfer sorgen für das Rahmenprogramm.
9. Auf den Inseln des Toskanischen Archipels wandern
Jedes Jahr im Frühling und im Herbst findet das Tuscany Walking Festival statt. Im Rahmen dieses Wanderfestivals werden geführte Ausflüge auf den toskanischen Inseln organisiert – die beste Gelegenheit, Flora und Fauna auf Elba, Giglio, Capraia und den anderen Inseln des Toskanischen Archipels hautnah und unter fachkundiger Anleitung zu erleben. Um teilzunehmen, ist lediglich eine Anmeldung zum gewünschten Ausflug über www.tuscanywalkingfestival.it nötig; die meisten Touren sind kostenlos.
10. Den Strand der Cala Violina menschenleer erleben
Die „Geigenbucht“ hat ihren Namen dem feinen Sand zu verdanken, der beim Darüberlaufen Quietschtöne erzeugt, die an den Klang einer Violine erinnern. Zur akustischen Faszination kommt die idyllische Lage inmitten mediterraner Macchia. Für viele Einheimische ist die Cala Violina der schönste Strand der Maremma. Entsprechend gut ist sie während der Hochsaison besucht. Vor allem im August ist nahezu jeder Quadratzentimeter besetzt. Ein ganz anderes Bild bietet sich im Herbst dar: Dann hat man den Strand meist für sich allein und kann ganz exklusiv den Geigen lauschen, während man den Sonnenuntergang genießt.
Titelfoto: Martin Zangerl
Alle übrigen Fotos: © Max Fleschhut, Maremma Geheimtipp