Ostern ist in Italien mehr als nur ein verlängertes Wochenende – es ist ein Fest voller tiefer Traditionen, religiöser Zeremonien und natürlich köstlicher Spezialitäten. Während Weihnachten oft als das wichtigste Familienfest gilt, hat Ostern eine ebenso bedeutende Rolle, vor allem durch die starken kirchlichen Wurzeln des Landes. Doch wie feiern die Italiener das höchste Fest im christlichen Kalender?
Karfreitag & Osternacht: Prozessionen und Rituale
Die Osterfeierlichkeiten beginnen bereits in der Karwoche mit eindrucksvollen Prozessionen, die in vielen Städten und Dörfern stattfinden. Besonders spektakulär ist die „Via Crucis“ in Rom, bei der der Papst den Kreuzweg am Kolosseum leitet. Aber auch kleinere Städte wie Enna in Sizilien oder Chieti in den Abruzzen ziehen mit ihren stimmungsvollen Lichterprozessionen Tausende Besucher an.
In der Osternacht versammeln sich die Gläubigen zur Mitternachtsmesse, in der das Osterlicht symbolisch in die dunkle Kirche getragen wird – ein Zeichen für die Auferstehung Christi.
Ostersonntag: Freude und Festessen
Am Ostersonntag ertönen überall die Kirchenglocken, die die Auferstehung Jesu verkünden. Nach dem Gottesdienst beginnt das große Ostermahl, das von Region zu Region variiert. Eine Konstante gibt es jedoch: das Lamm. Ob als Braten, Eintopf oder in der Suppe – Lammfleisch ist das traditionelle Ostergericht Italiens.
Nicht fehlen darf auch die „Torta Pasqualina“, eine herzhafte Osterpastete aus Ligurien mit Spinat, Ricotta und Eiern. Und für die Süßmäuler? Die „Colomba di Pasqua“, ein hefeteigbasiertes Gebäck in Form einer Taube, das als Symbol für Frieden und Hoffnung steht.


Ostermontag: „Pasquetta“ – Der Tag für Ausflüge

Foto: Luke Mollet
Während Ostern eher besinnlich im Kreise der Familie gefeiert wird, steht der Ostermontag – in Italien „Pasquetta“ genannt – ganz im Zeichen der Freundschaft. Traditionell zieht es die Italiener ins Freie: Picknicks im Grünen, Grillfeste am Strand oder ein Ausflug in die Berge gehören fest dazu. Viele nutzen den Tag auch für einen Besuch in historischen Städten oder berühmten Gärten, wie den Giardini di Ninfa nahe Rom.
Ostereier? Ja, aber anders!

(Bild mit KI erstellt)
Während in Deutschland bunt bemalte Eier ins Osternest gehören, sind es in Italien vor allem kunstvoll verpackte Schokoladeneier, die verschenkt werden. Diese gibt es in allen Größen und Varianten – von der einfachen Milchschokolade bis zur luxuriösen Praliné-Füllung. Besonders beliebt: Schokoladeneier mit Überraschungen im Inneren, die bei Kindern (und auch so manchem Erwachsenen) für Begeisterung sorgen.
Ostern in Italien ist ein Fest für alle Sinne
Ob bei feierlichen Prozessionen, traditionellen Gerichten oder geselligen Ausflügen – Ostern ist in Italien ein Fest voller Emotionen, das Familie, Freunde und Glaube auf besondere Weise verbindet. Wer die Gelegenheit hat, sollte einmal in Italien Ostern erleben – denn hier wird das Fest mit einer einzigartigen Mischung aus Spiritualität, Genuss und Lebensfreude zelebriert.
Regionale Aktivitäten
In Rom zieht die alljährliche Karfreitags-Prozession zum Kolosseum Gläubige aus aller Welt an. Am Ostersonntag spendet der Papst auf dem Petersplatz seinen Segen „urbi et orbi“. Ein spezielles Ritual ist auch die Tradition der „Sepolcri“ in der Karwoche, bei der man mit feierlichen Ritualen die Gräber der Toten besucht.
In Grassina nahe Florenz finden sich über 500 Menschen zusammen, die, in historische Gewänder gehüllt, den Karfreitag damit verbringen, durch die Straßen bis zum Kalvarienberg zu ziehen, um ihre Dankbarkeit zu zeigen, dass Grassina während der Pestepidemie von der Seuche verschont blieb.
In Südtirol wird am Palmsonntag, dem Sonntag vor Ostern, der Einzug Jesu in Jerusalem gefeiert. Der Einzug in die Kirche ist geprägt von den bunten “Palmbesen” oder “Palmbuschen” der Kinder. Das sind Sträuße aus Olivenzweigen, Weidenzweigen, Buchsbaum, Erika und anderen Frühlingsblumen, die an lange Stangen gebunden sind. Bunte Bänder zieren den “Buschen”. Diese Palmbesen symbolisieren die Palmzweige, mit welchen die Bewohner Jerusalems Jesus gehuldigt haben sollen.
Auch in Taranto (Apulien) finden in der Osterwoche alljährlich Prozessionen statt. Am Palmsonntag werden die Figuren der Madonna und der Heiligen feierlich versteigert und die Erlöse dem Fest gewidmet, das darauf folgt. Insgesamt drei große Prozessionen finden in der Karwoche statt, die über mehrere Stunden dauern und deren Teilnehmer spitze Kapuzen mit Sehschlitzen tragen.



Fotos: Peppe Occhipinti
Auch auf Sizilien finden wieder zahlreiche Prozessionen zur Karwoche statt, bei denen sich Trauer und Freude abwechseln. Die aufwendigste ist am Karfreitag in Trapani, bei der sich Gläubige über 20 Stunden lang zusammenfinden und bei der „Processione dei Misteri“ mit Skulpturen, die den Leidensweg Jesu dokumentieren, durch die Stadt schreiten.
In ganz Italien bekannt ist die Karfreitagsprozession auf der Insel Procida im Golf von Neapel. Am Abend des Gründonnerstag findet die Processione degli Apostoli statt, bei der die Mönche des Bruderordens der Turchini in Kapuzenroben gekleidet zu den acht Pfarrkirchen ziehen, um die Toten zu ehren. Am frühen Morgen des Karfreitag dann, zieht die große „Prozession der Mysterien“ (La Processione dei Misteri) durch die Straßen von Procida, bei der junge Insulaner große Bilder aus dem Leben und Sterben Christi tragen.





Fotos: Dieter Jaeschke